Trüffel-Pioniere

In Frankreich gelten ein Bauer mit dem Namen Joseph Talon aus der Provence und der Müller Pierre Mauléon und seine Nachfahren aus dem Departement Vienne südlich der Loire als erste erfolgreiche Trüffelanbauer. Wer wirklich der erste war, ist nicht genau zu klären. 

Um in die Trüffel-Geschichte einzugehen, braucht es eine gute Story wie die vom armen Bauern Joseph Talon aus der Provence, der wahrscheinlich im Jahr 1811 Eicheln aussäte, um einen Wald anzulegen und dann zufällig entdeckte, dass mit dieser Methode Trüffelkulturen entstehen können. Oder die vom Müller Pierre Mauléon aus der Region Poitou in Westfrankreich, der angeblich schon 1790 gezielt Versuche mit Eicheln begann, um die Trüffelausbeute auf seinem Besitz zu steigern.

Neue Forschungen und das genaue Studium der Quellen zeigen aber, dass nicht jede Story stimmt und so mancher Pionier gar nicht der Erste war.

Nur sieben Kilometer von Talons Heimartort entfernt, in Saint-Saturnin-lès-Apt, hatte um 1750 der Chefankläger des Parlaments von Aix-en-Provence, Jean-Pierre-François Ripert de Monclar, einen Park angelegt und Eicheln säen lassen. Einige Jahre später wurden dort viele Trüffeln gefunden, aber niemand nutzte die Erkenntnis zur Trüffelkultur. Unter den älter werdenden Bäumen gab es später keine Trüffeln mehr.

Talon dagegen legte neue Kulturen an. Über einen Cousin gleichen Namens verbreitete sich die Kenntnis über diese « indirekte »  Methode der Trüffelkultur schnell und führte zu immer größeren Trüffelkulturen. Richtig berühmt wurde Talon aber erst, nachdem es ihm der Trüffelhändler Rousseau 1847 mit großem Erfolg nachmachte. 1855 wurde Rousseau bei der Weltausstellung in Paris für seine Trüffel-Konserven ausgezeichnet.

Pierre Mauléon hat am Ende des 18. Jahrhunderts auf seinem Besitz « Grand-Ponçay » bei Loudun über Jahre Jahre lang wild wachsende Trüffeln geerntet. Es war sein Schwiegersohn Pierre Chatry, der irgendwann nach 1792 auf die Idee kam, unter den Trüffelbäumen Eicheln zu sammeln und sie auszusäen um neue Trüffelbäume zu ziehen. Die ersten Trüffeln unter diesen neuen Bäumen wurden dann nach zeitgenössischen Berichten 18 bis 20 Jahre später gefunden, also frühestens ab 1810.

Chatrys Schwiegersohn Jean Foucault und dessen Sohn Léopold Ferdinand Foucault weiteten die Kulturversuche aus. Andere Landbesitzer der Region folgten dem Beispiel, und in dem Gebiet in Westfrankreich entwickelten sich in den folgenden Jahrzehnten die ersten großen und erfolgreichen Trüffelkulturen. 

Die Historikerin Thérèse Dereix de Laplane hat Pierre Mauléon vor einigen Jahren als Erfinder der Trüffelkultur in Frankreich bezeichnet. Sie übersah aber, dass es Mauléons Schwiegersohn war, der auf die Idee  kam. In einem von Dereix de Laplane zitierten Bericht von G. Léon de la Tourette über die Trüffelkultur von Loudun aus dem Jahr 1868 heißt es: „Nach den mir von M. Foucault zur Verfügung gestellten Informationen ist es einem seiner Vorfahren zu verdanken, dass die Trüffeln im Loudunais entdeckt wurden. M. Pierre Mauléon, sein Großvater mütterlicherseits, der in Grand-Ponçay lebte, sammelte am Ende des letzten Jahrhunderts Trüffeln; diese Trüffel erschienen am Fuß von hundertjährigen Eichen; die Schweine, die sie sehr liebten, nutzen sie als Nahrung. Über lange Jahre wurden die Trüffeln unter Eichen gesammelt, die zufällig von der Natur gepflanzt worden waren; später überlegte sich der Großvater von M. Foucault [Anmerkung: Pierre Chatry, Schwiegersohn von Mauléon], Eicheln unter den Bäumen zu sammeln, die Trüffel ergeben. Sie wurden in benachbarten kalkhaltigen Böden ausgesät. Die Saat blieb sich selbst überlassen und ging langsam auf; endlich, nach achtzehn bis zwanzig Jahren, begann sie [Trüffeln] zu liefern.“

Quellen : Léon de la Tourette, G. (1868) : Culture de la truffe à Loudun et à Richelieu. Annales Soc. d’Agriculture d’Indre et Loire 47. 300-303; Dereix de Laplane, T. (2010) : Des truffes sauvages aux truffes cultivées en Loudunais. Memoires Acad. Sciences de Touraine, 23. 215-241. Chatin A. (1869): La truffe.

Denkmal für Joseph Talon in Saint-Saturnin-lès-Apt. Foto: By-clin.com

Buffon ?

Der große Naturforscher Georges-Louis Leclerc de Buffon soll in der Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgreich Trüffeln herangezogen haben, indem er Trüffelstücke unter Bäumen vergrub. Es war aber nicht Buffon, der den Versuch um 1740 anstellte, sondern der Botaniker Nicolas Jolyclerc in den 1790er Jahren. Jolyclerc ließ Trüffeln mit der umgebenden Erde ausgraben und an eine Stelle unter Hainbuchen vergraben. Zwei Jahre später, so schrieb er, habe er an der Stelle die vierfache Menge an Trüffeln gefunden.

 

Die französischen Mykologen C. Murat und F. Le Tacon sehen darin das erste Experiment, das Trüffel-Fallen beschrieb, also das Vergraben von Trüffeln mit einem Substrat-Gemisch. Die Mykologen irrten sich aber im Datum und der Quelle. Der von ihnen als Teil der ab 1749 von Buffon veröffentlichten Naturgeschichte bezeichnete Bericht stammt aus dem Jahr 1806 und  nicht von Buffon. Autor ist Jolyclerc, der die Naturgeschichte der Pilze als Ergänzung zu Buffon Werk bearbeitet hat – und auch schon 1798/1799 in seiner Phytologie universelle über seine Trüffelkultur berichtete.

 

Am Ende des 18. Jahrhunderts  ließ auch  der italienische Schriftsteller Giambatista Guovio (1748-1814) Trüffeln aussäen. Er schreibt, dass er seinen Koch angewiesen hatte, das zum Waschen von schwarzen Trüffeln benutzte Wasser unter den Bäumen in seinem Garten in Como in Norditalien auszugießen. Außerdem ließ er dort auch ganze und gehackte Trüffeln vergraben. Ende Juni 1799 wurden an den Stellen Trüffeln gefunden.

Quellen : Murat, C. et al. (2016) : Trapping truffle production in holes: a promising technique for improving production and unravelling truffle life cycle. Italian Journal of Mycology vol. 45. 47-53; Le Tacon, F. (2017) : La domestication des truffes. Mémoires de l’Académie de Stanislas. 31. 415-442 ; Jolyclerc, N. (1789-1790) : Phytologie universelle. Tome 5. 72 ;  MirbelL, C. & Jolyclerc, N. (1806): Histoire naturelle, générale et particulière des plantes. Ouvrage faisant suite aux œuvres de Leclerc de Buffon … Tome 3. 37-38 ; Chatin, A. (1892): La truffe. 167; Volbracht, C. (2020): Die Trüffel. Fake & Facts; Guovio G. (1803) : Lettere Lariane, 54-55 ; Manna D. (2013) : Il tartufo nero di Norcia o di Spoleto (Tuber melanosporum Vitt.). Vicende storiche e coltivazione ;  Guovio G. (1803) : Lettere Lariane, 54-55.

Fontana, Chevalier

Viel weiter fortgeschritten war der italienische Agrarforscher Pietro Fontana. Er beschrieb schon 1806 seine Methode, junge Bäumchen zusammen mit reifen Trüffelsporen anzupflanzen. Vom französischen Experten Gérard Chevalier wird Fontana inzwischen als der wahre «Vater der Trüffelkultur in der Welt » angesehen. Gérard Chevalier gilt seinerseits als « Erfinder » der mit Trüffelsporen beimpften Baumsetzlinge, die erstmals 1973 auf den Markt kamen. Er arbeitete am Agrarforschungs-Institut INRA und kooperierte mit italienischen Wissenschaftlern, die seit den 1960er Jahren die « Mykorrhiza » genannte Symbiose von Bäumen und Trüffeln erforscht haben. Der deutsche Wissenschaftler Albert Frank hatte den Begriff der Mykorrhiza 1885 eingeführt.

Quellen : Manna D. (2013) : Il tartufo nero di Norcia o di Spoleto (Tuber melanosporum Vitt.). Vicende storiche e coltivazione ; Volbracht, C. (2013): Tuber melanosporum, die Périgord-Trüffel in Norddeutschland. Zeitschrift für Mykologie 79/2